skip to content

Greven, St. Martinus, 17.02.

Aschermittwoch 2021

Greven, St. Martinus, 17.02.

 

Einführung

"Gott, mein Retter, stürzt die Mächtigen vom Thron“ (Lukas 1,46.52), "den Schwachen hebt er empor aus dem Staub und erhöht den Armen, der im Schmutz liegt (1 Samuel 2,8). Emporheben aus dem Staub - jetzt, an diesem ersten der Vierzig Tage auf Ostern zu, ist der Staub selbst an der Reihe. Jetzt ist es so weit: Er, der Staub, wird aus dem Staub emporgehoben. "Staub-Erhöhung": So könnten wir diesen Tag, Aschermittwoch, auch nennen. Nichts ist zu gering, auch der Staub nicht, um Aufmerksamkeit zu verdienen und Respekt. Nichts ist zu gering, um Zeichen zu sein, Botschafter. Nichts ist zu gering, auch der Staub nicht, um aufmerksam zu machen auf "das Törichte an Gott", das weiser ist als die Menschen, und auf das „Schwache an Gott“, das stärker ist als die Menschen" (1 Korinther 1,25). Nichts ist zu gering, um uns neugierig zu machen nach der Zukunft, in der Gott alles in allem ist (1 Korinther 15,28).

 

Predigt

„Sie sind wie Wasser und Feuer." Ja, so ist es, Wasser und Feuer verstehen sich nicht gut. Das siehst du nicht nur, das hörst du. Übrigens: Wer zischt eigentlich, wenn sie einander berühren? Zischt das Wasser, zischt das Feuer, oder tun es beide? Zumindest darin sind sie sich einig: Empört drücken sie ihr Missfallen aus, wenn sie aufeinandertreffen, mit dem charakteristischen scharfen Geräusch, das dazu gehört. Denn es ist entweder oder. Wenn das Feuer gewinnt, hat das Wasser nichts zu melden; wenn das Wasser gewinnt – dann muss, dafür setzen die Feuerwehrleute sich mit ganzer Kraft ein – das Feuer sterben.
Wenn das Feuer nicht bekämpft und überwältigt wird, wenn dem Feuer ein natürlicher Tod beschieden ist, wird es kleiner, schwächer, immer mehr. Schließlich ist nur noch Asche übrig, die sterblichen Überreste des Feuers. Sie, aus denen sich die ganze Wärme zurückgezogen hat - ihre Kälte kann dunkle Gefühle in uns hervorrufen, Bedauern und Trauer. "Schade, es ist vorbei!"

Wenn wir überhaupt darauf achten, neigen wir dazu, auf die Asche herabzusehen, auf dieses Überbleibsel des erloschenen Feuers. Wenn etwas stofflich ist, dann ist es wohl die Asche! Und die Tradition ist alt und immer noch maßgebend, die Neigung, das Stofflich-Materielle überhaupt abzuwerten gegenüber dem, was "das Höhere" genannt wird. Aber wenn wir das Physische nicht hätten, dann hätte "das Höhere" kein Bein, auf dem es stehen könnte. Und wir haben das Stoffliche nicht nur, wir sind es. Wir sind Körper. Das Denken, dass die Stirn runzelt über das Stoffliche, tut dies und kann dies nur tun mit Hilfe, auf der Grundlage des Physischen.

Seit es in letzter Zeit immer üblicher geworden ist, die sterblichen Überreste von Menschen zu verbrennen, hat die Asche noch stärker als vorher eine Verbindung zum Lebensende bekommen, zum Grab. Von der Wiege bis zum Grab: Den Schlusspunkt dieses Weges haben wir vor Augen, wenn wir Asche sehen. Von der Wiege bis zum Grab – im Hinblick auf die Asche, Überbleibsel bei der Bestattung, trifft dies sicherlich zu, aber: Es ist nicht die ganze Wahrheit. Denn mit der Asche eines Verstorbenen gehen wir doch anders um als mit gewöhnlicher Asche. Was nach dem Verbrennen eines toten Körpers übrig bleibt, kommt in ein eigenes Gefäß, wir bewahren es, sorgfältig, mit einer gewissen Ehrfurcht. Denn auch dies, sogar dieser letzte Rest kann von einer Verbundenheit zeugen, die bestehen bleibt, kann diese Verbundenheit kraft unserer Erinnerung aufleben lassen. Auch die Asche, sogar die Asche, kann das veranlassen. Aber auch in anderer Hinsicht, im Kreislauf des Lebens, kann die Asche noch positive, nützliche Aufgaben erfüllen.

Glücklicherweise macht unser Glaube wohl häufiger den Vorschlag: Unterschätze das Stoffliche nicht! In den Sakramenten erscheint es immer wieder als Zeichen, als Scharnier zum Heil, zum Heiligen. Das Materielle ist nicht zu gering, um uns begleiten zu können, anzuspornen, uns zur Begegnung mit dem Heiligen zu führen. Bei der Taufe wird diese wichtige Rolle dem Wasser anvertraut, dem Eintauchen in dieses Element, aus dem alles Leben hervorkommt. Bei der Eheschließung wird das Sakrament im Ja-Wort und im erotisch-sexuellen Miteinander gespendet. Bei der Firmung und bei der Priesterweihe bekommt die Salbung mit Öl eine solche Überbrückungsfunktion. Wenn wir Eucharistie feiern, empfangen wir Jesus, wenn wir an seinem Tisch Brot und Becher teilen, zu seinem Gedächtnis.
So gibt es in der konkreten Gestaltung unseres Glaubens noch viel mehr Beispiele, aus denen hervorgeht: Die sakramentale Sichtweise legt uns ans Herz, wahrzunehmen und uns bewusst zu machen: Das Stoffliche ist mehr, ist viel mehr als nur dies: das Stoffliche.
Heute ist dann sogar die Asche geeignet und berufen, als Botschafterin des lebendigen Gottes aufzutreten. Damit diese Würde über allen Zweifel erhaben ist, erfährt die Asche eine charakteristische Umwandlung. Sie erscheint auf unserer Stirn in der Gestalt des Kreuzes.

Wir dürfen daher auch mit anderen Augen betrachten, was in unserem eigenen Leben aschfahl ist. Wir sind geneigt zu denken: Ach, was so aussieht, Farbe kann man das ja nicht nennen - was kann das denn bedeuten? Das ist doch bestenfalls noch geeignet, als Müll entsorgt zu werden!
Nein, der Aschermittwoch rät uns: Lass es los, dein eigenes negatives Urteil über das, was aschfahl ist in deinem eigenen Leben! Überlass auch dies, gerade dies dem Lebendigen, bitte ihn: "Wenn ich es doch sehen könnte mit deinen Augen! Dann würde mir auch das Unansehnliche, Verunglückte, Beschämende in meinem eigenen Leben anders erscheinen! Dann nähme ich auch Menschen anders wahr, die der erste Blick gleich abwerten, ablehnen wollte.“


Das ausgelassene Karnevalstreiben ist jetzt vorbei. Dies liegt hinter uns, wenn jetzt der vierzigtägige Weg nach Ostern beginnt. Aber zum Start am Aschermittwoch passen nicht die ernsten Gesichter von Menschen, die in Trübsinn versinken.
Zu Aschermittwoch passt ein Lächeln, ein ganz eigenes, spezielles Lächeln. Sogar das Aschekreuz könnte uns als Augenzwinkern aufgehen. Die Asche wird zwar nicht weniger Asche, wenn sie als Kreuz auf unsere Stirnen gezeichnet wird. Aber diese Form, das Kreuz, deutet ja an: Sogar die Asche kann über sich hinauswachsen zum Zeichen der Ermutigung, und würde dies am liebsten auch tun.
Geht die Asche aber nicht zu weit, übernimmt sie sich nicht, wenn sie als Kreuz, als Siegeszeichen des überwundenen Todes erscheint? Ach, Gott sei Dank, dies ist die frohe Botschaft des Aschermittwochs: Sogar die Asche will und darf sich lächerlich machen über eine Vergänglichkeit, die nur noch sich selbst vor Augen hat, haben will. Denn wenn nur noch dies von unserem Leben übrig ist, Asche in einer Graburne: Das Leben, das dem vorausging, hatte Anteil an dem viel größeren Leben, dem Leben des Schöpfers, aus dem es hervorging. Darauf können noch die sterblichen Überreste hinweisen, werden so zu einer Botschaft, die die Grenzen der Vergänglichkeit überschreitet. Denn dass jemand am größeren Leben des Schöpfers teilgenommen hat - dies vergeht nicht, dies bleibt auch dann bestehen, wenn alle materiellen Zeichen davon schon längst verschwunden sind, vom Wind verweht wie eine Wolke Staub.

 

Wort zum Schluss-Segen

Wir haben Aschermittwoch gefeiert, das Fest „Staub-Erhöhung“.
Wenn davon, Erhöhung, auch der Staub nicht ausgenommen ist, wenn das sogar ihm geschieht – wie viel Hoffnung gibt es dann wohl für uns! Wie viel dürfen wir erwarten!

Staub-Erhöhung – sieh mal, unsere Stirn mit dem Aschekreuz zeigt, wie weit das geht!
Dazu dürfen wir uns gratulieren! Denn auch so segnet uns der allmächtig barmherzige Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist.


Heinz-Georg Surmund

Zur Übersicht

Up
K