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Greven Reckenfeld, St. Franziskus, 30.05.

Fronleichnam 2024

 

Einführung

Ein Tisch für alle Völker, groß genug, um Menschen aus allen Himmelsrichtungen einzuladen: Dieses Wunschbild verdanken wir Propheten in Israel. Sie haben es sich einfallen lassen, Jahrhunderte, bevor Jesus lebte.

So begeistert wie sie waren – davon hat Jesus sich anstecken lassen. So ruft er schließlich auch uns zu sich, an seinen Tisch, den Tisch der wunderbaren Freigebigkeit Gottes. In dieser Gemeinschaft empfangen auch wir den Auftrag: „Geht hinaus auf die Straßen und ladet alle ein, die ihr trefft“ (Lk 22,8; Mt 22,9), Menschen aus allen Völkern, Sprachen und Ländern.

Und wenn dann schließlich alles vorbereitet ist – dann wird die Welt nachhause gekommen sein. Vereint ist sie dann in Gottes Gerechtigkeit, in seinem Frieden. Dann wird sich die Umkehr ereignen, die Jesaja schon voraussah: Die Weinenden werden „Schmuck empfangen anstelle von Schmutz, Freudenöl statt Trauergewand, Jubel statt Verzweiflung“ (Jes 61,3).

 

Predigt (Exodus 24, 3–8; Hebräer 9, 11–15; Markus 14, 12–16.22–26)

“Blut ist ein ganz besondrer Saft.”

Das lässt Goethe Mephisto sagen, in seinem berühmten Theaterstück „Faust. Eine Tragödie“. Da unterzeichnet Faust, ein angesehener Forscher und Lehrer, einen teuflischen Vertrag, mit seinem eigenen Blut.

Blut: Darauf richten bei diesem Fronleichnamsfest die biblischen Lesungen dieses Tages unsere Aufmerksamkeit. Dieser geheimnisvolle rote Strom, Blut, pulsiert auch in unsern Adern. Und dieser ganz besondre Saft macht so viele Geschöpfe zu lebenden Wesen, nicht nur uns Menschen. Bis in die äußersten Verzweigungen haarfeiner Blutgefäße dringt er vor, nährt und heilt, in unzähligen Körpern. Er ist ebenso allgegenwärtig wie ungreifbar, unbegreiflich doch auch, ja sogar merkwürdig unheimlich.

Das Blut, ungreifbar, unbegreiflich: Das größte Rätsel geben wir Menschen uns selber auf. Immer wieder, immer noch geschieht es. Immer unerklärlicher wird dieses Fehlverhalten, so unselig es ist, durch jeden weiteren Vorfall dieser Art. Menschen nehmen einander das Leben, indem sie Blut vergießen.

Kein anderes Geschöpf geht darin so weit wie wir. Jesus hat, bevor er selbst als Opfer verblutete und erstickte, schon darüber gesprochen, tief erschüttert. Er beklagt all das vergossene Blut. Es wird, sagt er, über die kommen, die solche Untaten begangen haben: Vom Blut Abels, des Gerechten, bis zum Blut des Zacharias, Barachias’ Sohn, der im Vorhof zwischen Tempelgebäude und Altar ermordet wurde (Mt 23,35). Abel, Zacharias, Jesus – niemand weiß, wie viele Namen seitdem noch dazugekommen sind.

Niemand weiß? Ob das stimmt? Ist das der Weisheit letzter Schluss? Als ich noch in den Niederlanden wohnte, besuchte ich gelegentlich in der Nähe meiner Wohnung einen Soldatenfriedhof aus dem Zweiten Weltkrieg, Airborne-cemetery in Oosterbeek. Auf zahlreichen Grabsteinen dort fehlen nähere Angaben zu den bestatteten Personen. Sogar die Namen fehlen. Stattdessen ist eingemeißelt: “A soldier of the second world war  -  known unto God”. “Ein Soldat des Zweiten Weltkrieges  -  Gott kennt ihn”.

Diese Notiz auf dem Friedhof, ist auch sie Ausdruck unserer Ohnmacht? Aber in diesem etwas hilflosen Versuch schwingt doch zumindest mit: „Dabei kann, dabei wird es doch nicht bleiben! Gott wird die, deren Namen wir nicht mehr nennen können, nicht vergessen.“

Wie weit die Treue Gottes reicht – das erfahren wir, wenn wir den Becher entgegennehmen, den Kelch, in dem Jesus sich verschenkt. Er sagt dazu: „Das ist mein Blut des Bundes, das für viele vergossen wird“ (Mk 14,24). Auch uns will es bis in die Tiefe unserer Existenz erfüllen und durchdringen. Wir sind und bleiben angeschlossen an den Blutkreislauf des göttlichen Lebens. Seine unbedingte Liebe hat sich mit uns verbunden. Nie wird sie diesen Bund aufkündigen.

Aus dem Becher Jesu trinken, aufgenommen werden in die Gemeinschaft des Blutes Christi – das kann uns erkennen lassen: Bereits das Blut in unsern Adern ist Zeichen weitreichender Verbundenheit. Sogar Bundeszeichen ist es, mit einer Bedeutung, die wir nicht einmal erahnen können. Das Blut, Lebens-Fluss in uns, verbindet uns mit dem Strom unbegrenzten Lebens unseres Schöpfers.

Wo es sich auch zeigt – überall hat das Blut dieselbe Farbe. Nicht ohne Grund ist es rot, in den Adern aller Menschen. Hautfarben sind unterschiedlich. Deren Farbenfreude in ihrer vielfältigen Schönheit könnte uns erfreuen. Aber leider führen diese Unterschiede immer noch und immer wieder zu Abgrenzungen und Konflikten. Aber an der Quelle, dort, wo Gottes Lebenskraft entspringt – da sehen wir nur noch dies Eine: Seine ewige Liebe.

In der Nachfolge Jesu ziehen wir den neuen Menschen an. „Blut von meinem Blut“ – das wird uns dann überall begegnen, wird überglücklich alles miteinander verbinden. Wie weitet und vertieft sich darin unser Leben!

Einmal wird es so sein. Dann erfasst uns der Strom einer Lebenskraft, die von unendlich nach unendlich geht. Dann werden alle spüren und sich daran freuen: In uns schlägt der Puls von ihm, der mit seinem Blut Menschen für Gott erworben hat aus allen Stämmen und Sprachen, aus allen Nationen und Völkern (Apk 5,9).

 

Friedensgruß

Beim Lanzenstich fließen Blut und Wasser aus der Seite des Gekreuzigten. Die Frühe Kirche hat im Blut die Eucharistie erkannt, und im Wasser die Taufe.

Jesus hat nicht mit Wasser getauft. Das brauchte er nicht. Er hat sich ja in seinem Leben und Sterben mit Leib und Blut hingegeben. Und wenn es doch auf Wasser ankommt: Seine Weggefährtinnen und Weggefährten erfahren Gemeinschaft mit Jesus, indem er ihnen die Füße wäscht.

 

Schlusswort

Wie wir hat Jesus als Mensch mit Geist, Seele und Leib auf unserer Erde gelebt. Aber seit seiner Hinrichtung und bis zum Ende der Welt ist er, auferweckt zum ewigen Leben Gottes, wirklich bei uns. Wie ihn wird sein Vater und unser Vater auch uns auferwecken, „und uns vor sich stellen“ (2 Kor 4,14). Paulus schreibt: „Wenn auch unser äußerer Mensch aufgerieben wird, der innere wird Tag für Tag erneuert“ (2 Kor 4, 16). „Wir wissen: Wenn“ unser Leib, „unser irdisches Zelt abgebrochen wird,“ „dann haben wir eine Wohnung von Gott, ein nicht von Menschenhand errichtetes ewiges Haus im Himmel“ (2 Kor 5,1).

 

 

Heinz-Georg Surmund

Foto: Detail Altar St. Josef, Greven

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